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LIEBT EINANDER - von MONJA ART
Rezension von Christian Eder, CHiLLi.cc (03/2009)
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Aufgeblättert
"Liebt einander" von Monja Elisabeth Art
Schwule sind krank, eventuell heilbar, Sünder und definitiv nicht erwünscht - zumindest wenn es nach den hohen Vertretern des christlichen Glaubens geht. Immerhin, weil Lesben existieren in den Köpfen der bedeutendsten Geistlichen erst gar nicht. Wurscht ob bei Katholiken oder Protestanten, Homosexuelle haben’s nicht leicht in der religiösen Gemeinschaft. Dabei ist deren Argumentation alles andere als schlüssig. Am Wirtshaustisch wird diese ohnehin gern durch die eigene egalisiert, wer sich dem Thema aber einmal ernsthaft und seriös nähern möchte, sollte Monja Art lesen.
Kopernikus am Scheiterhaufen
Das Buch beginnt mit dem Ausspruch einer anonymen Nürnberger Kirchtagsbesucherin des Jahres 1979: „Wir ertragen es, wenn Menschen sich Grausames zufügen, aber wir sind entsetzt, wenn sie sich lieben.“ Weise Worte eines kleinen Schäfchens, die Hirten sind da weniger zimperlich. Teil eins des Buches beschäftigt sich mit der Verurteilung der Homosexualität in der christlichen Tradition, die naturgemäß in der Bibel liegt. Auch wenn heute niemand mehr auf die Idee kommen würde, unter Berufung auf Gen 1-3 das kopernikanisch-galiläische Weltbild zu bekämpfen, stützt sich die Argumentationslinie der Kleriker im Wesentlichen rein auf Bibelzitate.
Die einzig sachbezogene Argumentation geht von der Prämisse aus, dass Geschlechtlichkeit und Fruchtbarkeit eine untrennbare Einheit bilden. Wie zeugungsunfähige Männer, unfruchtbare Frauen und kinderlose Paare ohne schlechtes Gewissen ihren Kirchenbeitrag überweisen sollen, bleibt dabei unbeantwortet. Generell scheint die christliche Kirche Liebe mit Sex und Sex mit Fortpflanzung zu verwechseln. Dabei würde ein kurzer Blick in die ansonsten so gerne zitierte heilige Schrift durchaus Abhilfe schaffen: Dort wird nicht nur die Liebe erklärt, es finden sich auch zahlreiche Stellen, die Homosexualität tolerieren und die Verurteilung und Diskriminierung selbiger als Sünde ablehnen.
Würde, Ethik und die Menschenrechte
Wer nun glaubt „Liebt einander“ sei eine langweilige Gegenüberstellung von Bibelzitaten, irrt. Zitiert wird kurz, bündig und nicht nur aus der Bibel: Menschenrechtsvertreter kommen dabei genauso zu Wort wie Kant und der Papst. Der dritte und letzte Teil des Buches beschäftigt sich mit der Vereinbarkeit von Homosexualität und Christentum aus christlicher Sicht. Hierbei wird die offizielle Linie der christlichen Glaubensvertreter mit Gegenargumenten in Bezug auf die Bibel in Frage gestellt. Das Augenmerk wird dabei aber auch auf den Umgang der christlichen Kirchen mit Homosexualität in der Gegenwart und auf lesbische Frauen gelegt - die in der seit Jahrhunderten geführten Diskussion um Homosexualität und Christentum bis vor kurzem überhaupt gänzlich missachtet wurden.
Besonders interessant ist auch der zweite, mittlere Teil des Buches: Moralphilosophie und Menschenrechte werden in Kontext mit der Vereinbarkeit von Christentum und Homosexualität gesetzt - auf eine spannende, interessante Art und Weise. Monja Art bearbeitet ein schwieriges Thema, das gerade in den letzten Wochen massiv an Brisanz gewonnen hat, höchst anspruchsvoll, kurzweilig und interessant - lesenswert, nicht nur für Kirchgänger.
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Monja Art
Monja Art im LIT Verlag
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